Evangelisch-Lutherische Kirchengemeinde Lensahn
Evangelisch-Lutherische Kirchengemeinde Lensahn

Unser Wort zum Sonntag Judika,

am 29. März 2020, 5. Sonntag in der Passionszeit

von Pastor Jörg Reimann

 

 

Unser "Wort zum Sonntag" als Audiodatei zum Anhören im eigenen Audio-Player

 

2020-03-29 Judika.mp3
MP3-Audiodatei [4.4 MB]

 

 

 

Predigttext: Hebräer 13 Verse 12-14                                    

12 So starb auch Jesus außerhalb der Stadt, um durch sein Blut die Menschen von ihrer Sünde zu befreien.  13 Lasst uns zu ihm hinausgehen und die Verachtung mittragen, die ihn getroffen hat.  14 Denn auf dieser Erde gibt es keine Stadt, in der wir für immer zu Hause sein können. Sehnsüchtig warten wir auf die Stadt, die im Himmel für uns erbaut ist.

  (Übersetzung: Hoffnung für alle) 

 

Liebe Gemeinde!

Warum all dieses Leid? Weltweit sterben tausende Menschen an dem neuen hoch ansteckenden Corona Virus Covid 19. Medizinisches Personal ist überlastet, ständig in Gefahr, sich selber anzustecken. Wenn die Beatmungsgeräte nicht mehr ausreichen, müssen die Ärzte entscheiden, wer eines bekommt oder wer ohne Beatmung die nächsten Stunden nicht überlebt. Familien können nicht einmal Abschied nehmen von ihren Sterbenden. Der wirtschaftliche Stopp wird viele Firmen finanziell ruinieren. Warum das alles? Wo ist da Gott? Wo ist sein Plan zu erkennen? Was ist daran gerecht?

Der Name des 5. Sonntags in der Passionszeit Judika verrät das Thema: Gerechtigkeit.  

Für diesen Sonntag hatte die Nordkirche Material für den Gottesdienst bereitgestellt zu dem Thema „Gerechtigkeit und Welthandel - Vom Handel darf nicht nur eine Seite profitieren“ Darin sind Beispiele von Frauen, die in Indien auf eigenes Risiko in Steinbrüchen arbeiten. Und damit die Menschen in Europa kein schlechtes Gewissen haben, gibt es ein Unbedenklichkeits-Zertifikat. Während die Prüfer kommen, sieht alles gut aus, aber den Rest des Jahres ist alles wie bisher. - Und von Kindern, die in afrikanischen Schürfgebieten mit bloßen Händen die Steine aufsammeln, sie aus dem Boden kratzen oder mit größeren Steinen herausschlagen. Schwere Lungenschäden vom Staub sind die Folge. Sie bekommen weniger als einem Dollar Tageslohn. Am Ende werden dann daraus die sogenannten „seltenen Erden“ gewonnen, die als Rohstoffe für die Handyproduktion benötigt werden. - Von Anbauflächen in Südamerika die für die Nahrungsmittelherstellung der Kleinbauerfamilien verloren gehen, weil Futter-Soja zur Rindermast darauf angebaut wird. -  Von 1,5 Millionen Seeleuten, die Güter per Schiff auf den Weltmeeren transportieren. 80 Prozent des Welthandels ermöglichen sie, aber sie arbeiten unter schwierigsten Bedingungen. Manche Länder erlauben elf Monate am Stück ununterbrochenen Dienst auf dem Schiff. Das sind Menschenrechtsverletzungen, Verstöße gegen internationales Arbeitsrecht, verbotene Kinderarbeit. Es profitieren Schiffseignergesellschaften, Aktionäre, Firmeninhaber und wir Verbraucher durch günstige Preise.

Der Vorschlag für mehr Gerechtigkeit ist ein Lieferkettengesetz. Bei dem alle Beteiligten in der Lieferkette die erlittenen Rechtsverletzungen in dem Land vor Gericht einklagen können, in dem das Produkt verkauft wird. Also mit einem solchen Gesetz könnten dann pakistanische Textilarbeiterinnen, wenn die Kleidung, die sie unter unwürdigen Bedingungen genäht haben, in Deutschland verkauft wird, vor deutschen Gerichten klagen. Eine gute politische Möglichkeit den Welthandel gerechter zu machen.

Ein Tourist besichtigt ein Kloster. Der Mönch zeigt ihm freundlich und fröhlich die Kapelle und das Refektorium, den Kreuzgang und die Bibliothek. „Wo er selber denn wohne,“ erkundigt sich der Tourist. Da zeigt ihm der Mönch seine Zelle, klein und sehr bescheiden eingerichtet. „Ja, aber…“ wundert sich der Tourist „…wo sind Ihre Sachen?“ „Wo haben sie denn Ihre Sachen?“ fragt der Mönch den Touristen. Dessen Antwort kommt prompt: „Ich bin ja nur auf der Durchreise.“ „Ich auch“ erwidert der Mönch.  Vers 14 Denn auf dieser Erde gibt es keine Stadt, in der wir für immer zu Hause sein können. Sehnsüchtig warten wir auf die Stadt, die im Himmel für uns erbaut ist.

Also das wäre mir dann doch zu einfach. Leid, Ungerechtigkeit, Ausbeutung, Krankheiten, Unfälle, Menschenrechtsverletzungen, Klimaerwärmung, Pandemie, alles egal, „denn wir haben hier keine bleibende Stadt, sondern die Zukünftige suchen wir.“ (Luther-Übersetzung) Vertröstung aufs Jenseits, angesichts des Leides. Damit will ich mich nicht abfinden.

Doch auch Jesus ist sprachlos angesichts des eigenen Leides. „Mein Gott mein Gott, warum hast Du mich verlassen“ betet er mit den Worten aus Psalm 22. Denn genau so fühlt es sich für ihn an, als er am Kreuz in Schmerz und Verzweiflung anscheinend sinnlos dem Tod entgegengeht. Doch seine letzten Worte sind: „In deine Hände Gott befehle ich meinen Geist.“  Am Ende steht das Gottvertrauen, gegen jeden Augenschein. Und was dann daraus wird ist bis heute unbeschreiblich. Mit Jesu Blut werden die Menschen von der Sünde befreit. (V.12)  Sünde ist Entfernung von Gott. Mangelndes Gottvertrauen. Gottvergessenheit. Nicht mehr mit Gott rechnen angesichts von Leid. Dabei ist das Leid ein Teil des großen Ganzen der Schöpfung. Und ohne das Gefühl des Leids könnten wir kaum das Hochgefühl der Freude erleben. Aber die Freude des Ostermorgens hat eine ganze Religion gegründet und trägt sie seither. Jesus hat mit der Auferstehung bewiesen, dass es ein Leben nach dem Tod gibt. Dass es Gott gibt. Und mit diesem Beweis die Entfernung zu Gott (genannt die Sünde) ein für alle Male aufgehoben.

Diesen Weg Jesus nachzugehen beinhaltet leider auch Zeiten der Schmach auszuhalten, Zeiten des Leids, der Trauer, wie sie Jesus auch aushalten musste. (Vers 13)

In der Corona Krise beginnen die Menschen die Werte neu zu sortieren. Einkommen, Auto, Wohnung, Haus, Reisen sind wunderbar. Aber es wird deutlich, das alles ist nichts wert ohne Gesundheit.

Gesundheit an erster Stelle und an den anderen denken, Nächstenliebe. Dafür gibt es viele gute Beispiele jetzt mit Nachbarschaftshilfe oder Einkaufsdiensten, (Leider auch negative, denn Hamsterkäufe, die man für sich selbst behält, sind das Gegenteil von Nächstenliebe, andere gehen leer aus oder müssen auf teure Produkte ausweichen.) Zur Nächstenliebe gehört auch, dass wir Beatmungspatienten aus Italien oder Frankreich aufgenommen haben, weil wir noch Kapazitäten haben. Das sah zuerst anders aus, der deutsche Zoll beschlagnahmte alles, was an Schutzmaterial ins Ausland geliefert werden sollte. Nun warten wir voller Ungeduld auf Atemmasken und Schutzkleidung aus Indien, wenn dort der Zoll nicht ebenfalls angewiesen wird, nur an das eigene Land zu denken. So eng ist der Welthandel miteinander verzahnt.

Welche Werte wir nach der Krise nach vorne rücken, das entscheiden wir selber.

Werden wir das „Abstand halten“ fortsetzen? Oder weiterhin mehr an den Nächsten denken, und entsprechend handeln, weil wir alle in einem Boot sitzen? Das haben nur viele noch nicht gemerkt.

Übrigens Jesus sitzt mit im Boot. Auch wenn es so scheint, dass er schläft, so haben es die Jünger einmal auf dem See Genezareth erlebt. Er war aber mit an Bord, aber sie hatten das fast vergessen. Und wenn wir ihn ebenso wachgerüttelt bekommen in uns und in unserer Gesellschaft, wie es damals den Jüngern gelungen ist, als sie begannen nicht nur auf die Wellen und den Sturm zu schauen, sondern sich Jesus zuwandten, auf ihn vertrauten.

Er bekam die Lage damals in den Griff. Er kann es auch heute noch.

Gottes Gerechtigkeit ist Gnade. Möge Gott angesichts dessen, wie wir auf seiner Welt leben, Gnade vor Recht ergehen lassen.

AMEN 

 

 

 

Hier noch das "Wort zum Sonntag" als pdf-Datei zum Download:

 

2020-03-29 Judika.pdf
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