Evangelisch-Lutherische Kirchengemeinde Lensahn
Evangelisch-Lutherische Kirchengemeinde Lensahn

Unser Wort zum Sonntag Quasimodogeniti,

am 19. April 2020, 1. Sonntag nach Ostern,

von Pastor Jörg Reimann

 

 

Das "Wort zum Sonntag" als Audiodatei zum Anhören im eigenen Audio-Player:

 

Wort zum 1. Sonntag nach Ostern.mp3
MP3-Audiodatei [6.3 MB]

Zum Mitsingen: Wach auf, mein Herz, die Nacht ist hin

 

Das Wort zum Sonntag zum Lesen:

 

Jesaja 40,26 - 31

Seht doch nur in die Höhe! Wer hat die Sterne da oben geschaffen? Er lässt sie alle aufmarschieren, das ganze unermessliche Heer. Jeden Stern ruft er einzeln mit Namen, und keiner bleibt fern, wenn er, der Mächtige und Gewaltige, ruft. 27 Ihr Leute von Israel, ihr Nachkommen Jakobs, warum klagt ihr: »Der Herr kümmert sich nicht um uns; unser Gott lässt es zu, dass uns Unrecht geschieht«? 28 Habt ihr denn nicht gehört? Habt ihr nicht begriffen? Der Herr ist Gott von Ewigkeit zu Ewigkeit, seine Macht reicht über die ganze Erde; er hat sie geschaffen! Er wird nicht müde, seine Kraft lässt nicht nach; seine Weisheit ist tief und unerschöpflich.29 Er gibt den Müden Kraft und die Schwachen macht er stark.30 Selbst junge Leute werden kraftlos, die Stärksten erlahmen. 31 Aber alle, die auf den Herrn vertrauen, bekommen immer wieder neue Kraft, dass sie auffahren mit Flügeln wie Adler, dass sie laufen und nicht matt werden, dass sie wandeln und nicht müde werden.


Die Menschen denen zuerst diese Mutmachworte gesagt wurden, waren die ins Exil nach Babylon verschleppten und unterdrückten Israeliten. Sie waren weit weg von ihrer Heimat, von ihrem Tempel und hatten keine Möglichkeit Gottesdienste zu feiern oder Feste. Matt und müde waren sie kraftlos und ohne Hoffnung. „Er gibt den Müden Kraft und die Schwachen macht er stark. Selbst junge Leute werden kraftlos, die Stärksten erlahmen.“


Die Menschen, die hier angesprochen werden, waren matt und müde, gottverlassen und wie erstarrt, niedergeschlagen und hilflos apathisch und teilnahmslos. Sie fühlten sich leer und verloren. Den Begriff Depression gab es damals noch nicht. Heute würden man nämlich sagen: sie waren depressiv. Sie hatten ihre Heimat verloren und hatten keine Hoffnung, jemals wieder nach Hause zurückzukehren oder dass es jemals so werden könnte wie es einmal gewesen war. Psychologen hätten diagnostiziert: reaktive Depression, oder: Entwurzelungsdepression. Zu reaktiven Depressionen kommt es, zum Beispiel wenn Menschen Entscheidendes verlieren, den Ehepartner, die Gesundheit, den Arbeitsplatz. Sie entstehen auch bei erzwungener Untätigkeit, bei Vereinsamung und in materieller Not. Die Situation, die die meisten zurzeit weltweit erleben. In einer Depression wird alles Negative im Leben vergrößert wahrgenommen und ins Zentrum gerückt, so auch die Sorgen und Ängste wegen des Corona-Virus


Das Hoffnungsbild, was der Prophet Jesaja vor zweieinhalb Jahrtausenden gegen die Depression ins Feld führte, kann es auch heute noch weiterhelfen? Kann ein Wort aus einer längst vergangenen Zeit auch durch heutige Finsternis tragen? Machen wir den Versuch.


Schließen Sie einen Moment die Augen. Denken Sie an den Himmel einer sternenklaren Nacht.


Mich fasziniert ein Sternenhimmel unglaublich, die letzten Wochen fast jede Nacht klarer Himmel, ohne Abgase in der Luft. Wenn ich anschaue, was ich am Tag geschaffen habe und dann in den Sternenhimmel schaue, bekomme ich eine Ahnung von der Größe dessen, der hinter diesem riesigen Werk steht. Was ich wie einen milchigen Streifen in unglaublicher Entfernung wahrnehme, sind jeweils einzelnen Sonnen, unserer Galaxie, In unserer Galaxie Milchstraße gibt es Millionen solcher Sonnen und die wiederum viele Millionen Planeten kreisen. Und es gibt wiederum Millionen, vielleicht Milliarden solcher Galaxien.

 

Wer so etwas erschaffen kann, erdacht hat oder den Anstoß dafür gegeben hat, wie immer man es formuliert, sollte doch auch wohl die Möglichkeit haben, jeden einzelnen Menschen im Blick zu behalten, mehr noch, ihm Kraft zu geben.


„Die auf Gott vertrauen, bekommen immer wieder neue Kraft.“ Wer darauf vertraut, dass nicht alles sinnloser Zufall ist, was uns der Sternenhimmel spiegelt, sondern ein Gott dahintersteht, hat den Gottesbeweis vor Augen. Und bekommt so neue Kraft. Gegen die Sinnlosigkeit als Sinn von Gott. Sinn bei Gott.


Das ist ein Blickwechsel, von meinen großen Sorgen schaue ich auf die Größe des Weltalls. Dagegen werden sie kleiner.


Und von meiner Kraft, die gering scheint schaue ich auf eine unglaubliche Kraft, die dieses Weltall erschaffen hat. Eine Kraftquelle von außen, die zu mir reicht.


„Die auf Gott vertrauen bekommen immer wieder neue Kraft, dass sie auffahren mit Flügeln wie Adler, dass sie laufen und nicht matt werden, dass sie wandeln und nicht müde werden.“


Und am Sonntag nach Ostern und mit den Hoffnungen auf Lockerung der Corona Beschränkungen hilft mir das in meinem Aufstehen. Es gehört zu den Grunderfahrungen von Christinnen und Christen, dass Glaube auch immer ein auf und ab ist. Es gibt Zeiten, in denen ich kraftlos bin, müde und matt. Wo ich so sehr darauf angewiesen bin, dass das wahr ist, was Ostern verkündigt wird: Jesus ist auferstanden, durch eine äußere Kraftquelle. Durch Gott. So darf ich auch gewiss sein, dass Auferstehung dazu hilft, aufzustehen aus der Not und Kargheit und dem Alleinsein mancher Tage. Dass ich gnädig geleitet werde und bewahrt werde in durchwachten Nächten voller Sorgen. Das ist die große Verheißung. Wie gut. Wie oft haben wir die Erfahrung gemacht, dass es nach schwierigen Zeiten wieder besser wurde. Vielleicht nicht immer gleich hochfliegend wie ein Adler, aber beflügelt wie ein neuer Morgen beflügelt nach dunkler Nacht und das Leben in neues Licht eintaucht. Da wird dann das Prophetenwort wahr: „Die auf Gott vertrauen, bekommen immer wieder neue Kraft.“

AMEN


Gebet
Gott, du berührst die Erde und es wird Leben.
Du gibst deinen Geist und die Welt atmet.
Du gibst dein Leben und wir richten uns auf.
Du wirst Mensch und siehe, wir leben.
Du hast mich gekannt, Gott, als niemand an mich dachte.
Du hast mich geliebt, als ich noch nicht war,

wie ich geworden bin.
Du trägst mich, jetzt, heute und morgen.
Deine Geduld ist der Boden auf dem ich wachse.
Deine Liebe ist die Wärme, in der ich blühe.
Deine Nähe ist die Glut, in der ich reife.
Deine Gnade ist der Korb, in dem man mich erntet.
Deine Vergebung ist die Erde in die man mich legt,

bis zum neuen Morgen.

AMEN

 

 

Hier noch das "Wort zum Sonntag" als pdf-Datei zum Download:

 

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