Evangelisch-Lutherische Kirchengemeinde Lensahn
Evangelisch-Lutherische Kirchengemeinde Lensahn

Unser Wort zum Sonntag Jubilate,

am 3. Mai 2020, 3. Sonntag nach Ostern,

von Pastor Jörg Reimann

 

 

Predigt am Sonntag Jubilate

Psalm 66 Jubelt Gott zu, all ihr Menschen auf der Erde!  2 Singt und musiziert zu seiner Ehre, stimmt ein Loblied an auf seine Größe und Pracht!  3 Sprecht zu Gott: »Wie ehrfurchtgebietend sind deine Taten! Vor deiner Macht müssen sogar deine Feinde sich beugen.  4 Alle Völker der Erde werden dich anbeten, sie werden dich preisen und deinen Namen besingen.«  5 Kommt und seht, was Gott getan hat; wie ehrfurchtgebietend sind seine Taten unter den Menschen!  6 Er teilte das Meer und ließ sein Volk hindurchziehen, trockenen Fußes konnten sie das Wasser durchqueren. Darum freuen wir uns über Gott!  7 Ja, er hat alle Macht und regiert für immer und ewig. Er schaut auf die Völker – ihm entgeht nichts. Wer kann schon gegen ihn bestehen?  8 Ihr Völker, preist unseren Gott! Lobt ihn laut, dass alle es hören!  9 Gott erhält uns am Leben, er lässt uns nicht untergehen.  10 Du, o Gott, hast uns geprüft, du hast uns geläutert wie Silber im Schmelzofen:  11 Du hast uns in die Falle laufen lassen und schwere Lasten auf unsere Schultern gelegt.  12 Andere Menschen trampelten auf uns herum, durch viele Feuerproben mussten wir hindurch – aber du hast uns aus der Gefahr befreit und uns mehr gegeben, als wir brauchten.

 

Bibeltext Johannes 15,1-8  1 »Ich bin der wahre Weinstock, und mein Vater ist der Weingärtner.  2 Alle Reben am Weinstock, die keine Trauben tragen, schneidet er ab. Aber die Frucht tragenden Reben beschneidet er sorgfältig, damit sie noch mehr Frucht bringen.  3 Ihr seid schon gute Reben, weil ihr meine Botschaft gehört habt.  4 Bleibt fest mit mir verbunden, und ich werde ebenso mit euch verbunden bleiben! Denn eine Rebe kann nicht aus sich selbst heraus Früchte tragen, sondern nur, wenn sie am Weinstock hängt. Ebenso werdet auch ihr nur Frucht bringen, wenn ihr mit mir verbunden bleibt.  5 Ich bin der Weinstock, und ihr seid die Reben. Wer mit mir verbunden bleibt, so wie ich mit ihm, der trägt viel Frucht. Denn ohne mich könnt ihr nichts ausrichten.  6 Wer ohne mich lebt, wird wie eine unfruchtbare Rebe abgeschnitten und weggeworfen. Die verdorrten Reben werden gesammelt, ins Feuer geworfen und verbrannt.  7 Wenn ihr aber fest mit mir verbunden bleibt und euch meine Worte zu Herzen nehmt, dürft ihr von Gott erbitten, was ihr wollt; ihr werdet es erhalten.  8 Wenn ihr viel Frucht bringt und euch so als meine Jünger erweist, wird die Herrlichkeit meines Vaters sichtbar. 

 

Liebe Gemeinde!

 

„Sei kein Held beim Wein!“

 

„Herz und Seele erfreut er nur, wenn man ihn mäßig trinkt.“

 

„Zuviel Wein macht die Seele bitter.“

 

Diese  Ratschläge stehen in der Bibel sie sind über 2000 Jahre alt im biblischen Buch Sirach. Doch die Deutschen „haben offenbar wegen der Ausgangsbeschränkungen in der Corona-Krise deutlich mehr Wein und andere alkoholische Getränke im Einzelhandel gekauft. Von Ende Februar bis Ende März gingen gut ein Drittel mehr Weinflaschen über die Ladentheken als im gleichen Zeitraum 2019Und Trinkspiele im Internet, lassen vermuten, dass es sich nicht nur um Hamster-Vorratskäufe handelte, sondern dass auch kräftig getrunken wurde. Unter dem Motto „Alkohol desinfiziert“ in den Sozialen Medien als Challenge aufgefordert  ein Schnaps, ein Bier und ein Likör hintereinander ohne Abzusetzen.  Dann wurden drei weitere zum Mittrinken nominiert das nachzumachen und wer nicht mitmachte, muss einen Kasten Bier spendieren.  

 

Wer alkoholkrank ist darf nicht einen Tropfen trinken um den Körper nicht wieder in die Sucht abgleiten zu lassen. Von den Gefahren des Alkoholgenusses wusste Jesus sicher auch schon. Warum benutzt er trotzdem dieses Bild vom Weinstock?

 

 

Sicherlich, weil der Weinstock ein starkes Bild beinhaltet. Selbst in warmen Mittelmeerlagen ist im Juni oft nur ein Trieb mit wenigen Blätter zu sehen, der aus einem knorrigen trockenen Weinstock herauswächst,  dann aber wächst mit unglaublicher Kraft in kurzer Zeit das Blätterwerk, die Blüten und dann die Weintrauben. Der Lebenssaft tief aus den Wurzeln durchströmt den Weinstock und gibt ihm unglaubliche Kraft. Dieses Bild benutzt Jesus um die unglaubliche Kraft zu beschreiben, die  wir durch ihn und sein Wort von Gott erhalten.

 

Verborgen für das Auge bleibt das Wurzelwerk, das reicht tief. Aus den verborgenen, unergründlichen Gesteinsschichten zieht die Pflanze ihre Kraft ans Licht. Ein alter Weinstock reicht bis zu zwanzig Meter in die Tiefe. Die Mineralstoffe aus den Gesteinsschichten reichern die Früchte an. Die ganze Pflanze ist, von der Wurzel bis zur letzten zarten Ranke, ein wahres Kraftwerk. Man ahnt es, wenn der Wein zu spät beschnitten wird, dann tropft und fließt es aus der Schnittstelle. Ein falscher Schnitt zur falschen Zeit wird zur tödlichen Wunde. Wein kann „verbluten“. Die Kraft, mit der der Saft in die Rebe steigt, ist nicht zu bremsen. Ein Weinberg ist ein wahres Kraftwerk mitten in der Schöpfung.

 

Wenn Jesus das Bild von der Weinrebe wählt, dann geraten wir in das Feld solcher ursprünglichen Kräfte hinein. Sein Wort ist voll dieser Wirkmacht, es steigt auf aus der Tiefe der Bibel, aus der Geschichte des Glaubens, es wirkt in das Heute hinein. Uns erreicht, was sich über die Jahrtausende in den biblischen Texten und in der jüdisch-christlichen Tradition als Zeugnisse unzähliger Frauen und Männer gesammelt hat. Der Mut, die Weisung, die Liebe zur Freiheit, der Aufstand gegen Unrecht, das Ringen um einen Lebenssinn durchläuft alle Schichten des Glaubens. Wir ähneln den Ranken, die das Grün von Neuem treiben und Halt suchen. Alles, was in der Bibel zu lesen ist, lässt die Tiefe ahnen, aus der der Glaube Kraft zieht. Vom ersten Wort des Schöpfers über die Mahnungen der Propheten über die Klagen der Geplagten bis zu dem Moment, in dem die Jüngerinnen und Jünger ihr Brot teilen, wirkt etwas in das Heute hinein.

 

Uralter Weinstock, tief gewurzelt, eine Kraftquelle, von der wir profitieren. Ich bin mit drin in diesem Spiel der Kräfte. Gottes Wort schickt seine Botschaft durch die tiefen Schichten allen Wissens und jeder Bildung hindurch ins Herz und das Gehirn. Mein Mut und meine Hoffnung sind mit vielen alten Lebenskräften angereichert. Woher nähme ich die Kraft, dem lebensfeindlichen Geschwätz zu widersprechen? Woher nähme ich den Mut, wenn viele ergeben nicken, mit der Energie alter Worte und den Lebensbildern vergangener Zeiten zu widerstehen? Das alte Wort Gottes treibt junge Triebe. Das Gegenteil ist die trockene Rebe, sie ist nicht durchdrungen vom Lebensaft. Abgeschnitten und verbrannt. Ohne diese Lebenskraft droht ein Burnout.

 

Immer, wenn ich Kraft schöpfe, begegne ich genau den Kraftfeldern, die schon lange vor mir ihre Wirkung entfalteten. Ich weiß, dass sie sich noch immer ausbreiten. Die Liebe zur Freiheit, ich habe sie geerbt aus dem Glauben. Die Freude an der Musik, ich habe sie übernommen aus den Chorälen. Der Mut, etwas auch anders zu machen als alle anderen, gegen den Strom zu schwimmen, gehört nicht allein mir. Dass ich dem Mainstream nicht nachplappere, habe ich aus dem Glauben geerbt. Die Liebe, mit der ich von der Freiheit träume, gibt nur der Glaube. Und er macht mich stark, dann, wenn alle anderen neue Grenzen aufrichten, auf das Fallen der Mauern zu trauen. Solcher Mut kommt von Jesus. Und dass mich die Not anderer Menschen berührt und ich – mindestens innerlich – gegen Unrecht rebelliere, verdanke ich der Bibel. Sie setzt uns in das Kraftwerk hinein. Und wie nun kann ich von dieser Kraft weitergeben? Ganz einfach. Es steht in den folgenden Versen

 

9 Wie mich der Vater liebt, so liebe ich euch. Bleibt in meiner Liebe!  10 Wenn ihr nach meinen Geboten lebt, wird meine Liebe euch umschließen. Auch ich richte mich nach den Geboten meines Vaters und lebe in seiner Liebe.  11 Das alles sage ich euch, damit meine Freude euch erfüllt und eure Freude dadurch vollkommen wird.  12 Und so lautet mein Gebot: Liebt einander, wie ich euch geliebt habe. AMEN.

 

Himmlischer Gott,

gibt uns in dieser unsicheren Zeit – Sicherheit.

Lass Dein Wort uns durchströmen  - wie ein Lebenselixier gegen das Vertrocknen.

Lass uns vertrauen auf deine Zusage der Liebe, -

schenke uns Mut, sie als Nächstenliebe weiterzugeben.

AMEN

 

In diesem Link erklärt das „Bibelprojekt“ in welchem Zusammenhang im Johannesevangelium genau dieser Text steht.

https://www.bibleserver.com/video/TBP/Johannes%20Kap.%2013-21/92245

 

 

Hier noch das "Wort zum Sonntag" als pdf-Datei zum Download:

Wort zum Sonntag Jubilate.pdf
PDF-Dokument [599.4 KB]