Unser Wort zum Sonntag Okuli,
am 15. März 2020, 3. Sonntag in der Passionszeit
Wochenspruch: Wer beim Pflügen nach hinten schaut, den kann Gott für sein Reich nicht gebrauchen. Lukas 9,62
Vorgeschlagener Predigttext Lukas 9,57-62
VOM ERNST DER NACHFOLGE 57 Während Jesus mit seinen Jüngern unterwegs war, wurde er von einem Mann angesprochen: »Ich will mit dir gehen, ganz gleich wohin.« 58 Jesus antwortete ihm: »Die Füchse haben ihren Bau und die Vögel ihre Nester; aber der Menschensohn hat keinen Platz, an dem er sich ausruhen kann.« 59 Einen anderen forderte Jesus auf: »Komm, folge mir nach!« Er erwiderte: »Ja, Herr, aber vorher lass mich noch nach Hause gehen und meinen Vater bestatten.«60 Da antwortete Jesus: »Überlass es den Toten, ihre Toten zu begraben. Du aber sollst dich auf den Weg machen und die Botschaft von Gottes Reich verkünden.« 61 Wieder ein anderer sagte zu Jesus: »Ich will mit dir kommen, Herr. Erlaube mir aber, mich vorher noch von meiner Familie zu verabschieden.« 62 Ihm antwortete Jesus: »Wer beim Pflügen nach hinten schaut, den kann Gott in seinem Reich nicht brauchen. Übersetzung „Hoffnung für alle“
Liebe Mitchristen!
Das hat es selbst in Zeiten der Pest nur sehr selten gegeben, dass Gottesdienste generell abgesagt wurden. In unserer Katharinenkirche fanden die Gottesdienste weiterhin statt, aber im Chorraum an der Südseite war eine zusätzliche Tür eingebaut, die dann geöffnet wurde, damit die Pestkranken von draußen mithören konnten. Sie wurde später zugemauert, ist aber bei genauem Hinsehen noch zu erkennen.
Noch ist die Zahl der Corona-Erkrankten in unserer Region nicht sehr hoch, aber damit unser Gesundheitssystem nicht plötzlich überlastet wird, und die Menschen, die dort arbeiten sich ausreichend vorbereiten und schützen können, ist diese Maßnahme nötig geworden. Und bei allen Einschränkungen, die nun beschlossen wurden, wird der Ernst der Lage deutlich. Wenn wir sonst denken, wir hätten, anders als im Mittelalter, jetzt im 21. Jahrhundert das Leben im Griff, weil Wissenschaft und Medizin immer auf die neuen Probleme der Zeit eine baldige Lösung hervorbringen, stehen wir plötzlich staunend und verunsichert davor. Wir stellen fest, welche wirtschaftlichen Konsequenzen damit zusammen hängen und können kaum noch für die nächste Woche planen. Das Leben von älteren Menschen ist in Gefahr, weil es in absehbarerer Zeit keine Impfung oder kein Medikament geben wird. Das sehen unsere Augen gerade.
Der dritte Sonntag in der Passionszeit – „Okuli“ (auf Deutsch: „Augen“) – hat seinen Namen von Psalm 25,15: „Meine Augen sehen stets auf den Herrn.“ Das „auf den Herrn sehen“ wird mit einem Text aus dem Lukasevangelium noch präzisiert. In Lukas 9,57–62 sagt ein Mann zu Jesus: „Ich will dir folgen, wohin du auch gehst.“
Doch was das in der Konsequenz heißen kann, wird den Jünger damals schockiert haben – und es ist erst recht für Gläubige von heute nur schwer zu akzeptieren. Es ist absolute Besitzlosigkeit gefordert, verbunden mit einer ungewissen Zukunft.
„Die Vögel haben Nester, aber der Menschensohn hat nichts, wo er sich ausruhen kann“ (Vers 58). Das zweite, was Jesus von dem Jünger fordert, ist der Bruch mit der Herkunftsfamilie. Er soll nicht einmal seinen soeben verstorbenen Vater begraben (Vers 60). Und das dritte: Der Blick zurück ist verboten, es zählt nur der Blick nach vorne (Vers 62). Natürlich, Jesus hat recht: Wie soll man gerade Furchen ziehen können, wenn man immer nach hinten schaut? Aber sollen wir unsere Gewohnheiten, auch unsere Sicherheiten aufgeben? Sollen wir mit Beziehungen, die uns wertvoll sind, brechen? Das ist sehr radikal. Jesus sagte das damals, weil er die Menschen sofort brauchte, ganz ohne Einschränkungen. Die Forderung von solch radikalem Bruch mit der Familie kennen wir heute nur von Sekten oder Extremisten.
Der Text vom „Ernst der Nachfolge“ kann auch dazu anregen darüber nachzudenken, was für uns die Nachfolge Jesu bedeutet und wo sie in unserem eigenen Leben konkret wird. Aber es ist schon rätselhaft abweisend, wie Jesus hier spricht. Alle Beziehungen zurücklassen und nicht einmal mehr den verstorbenen Vater beerdigen. Sondern nur nach vorne sehen, das fordert Jesus hier. Aber es ist kein nach vorne ins Leere oder in eine ungewisse Zukunft sehen, sondern Jesus ist es, der vorangeht. Es geht um Vertrauen. Es geht um Glauben. Vertraue darauf, dass Jesus der Sohn Gottes ist und die Nachfolge dich auf den richtigen Weg bringt. Auf einen Weg der Mitmenschlichkeit und der Nächstenliebe. Vertraue Gott und liebe den Nächsten wie die selber. Auch oder vielleicht besonders in Zeiten von Corona.
Und der Friede Gottes der höher ist als alle Vernunft, bewahre Eure Herzen und Sinne in Christus Jesus.
AMEN
Sonntag Okuli, 15. März 2020, Pastor Jörg Reimann
Hier finden Sie das Wochenlied, das Evangelium und weitere Gedanken und Informationen zum aktuellen Sonntag: kirchenjahr-evangelisch.de